Newsletter - "Einblick"

26. April 2023

Der dienstälteste Mitarbeitende Albert Durstin im Interview

Geschrieben von
Geschäftsstelle
Newsletter-Redaktion: Lieber Herr Durstin, Sie sind als dienstältester Mitarbeitende beim SkF im Seniorenheim St. Afra tätig? Wie fühlt sich das an?

Durstin: Nach einer Mischung aus Stolz und – kurz vor der Rente stehend – auch Selbstzweifel, ob ich die letzten 40 Jahre nicht auch ganz was anderes hätte machen können.  Wäre die Situation in der Pflege 1982 so angespannt wie heute bzw. die letzten Jahre gewesen, hätte ich es sicher nicht so lange ausgehalten.

 

Newsletter-Redaktion: Nach welchen Werten leben und handeln Sie?

Durstin: Mir ist wichtig, zu sich selbst ehrlich zu sein, d.h. in strittigen, unangenehmen Situationen nicht gleich bei sich oder anderen nach Rechtfertigungen oder Entschuldigungen zu suchen. Außerdem möchte ich solidarisch mit meinen Mitmenschen sein.

 

Newsletter-Redaktion: Was hat Sie dazu bewegt, das zu tun, was Sie heute tun?

Durstin: Die Erfahrung als Zivildienstleistender in der Pflege, dass die pflegerische Tätigkeit von sich aus sinnvoll und anspruchsvoll ist – und viele positive Rückmeldungen von den Bewohnern.

 

Newsletter-Redaktion: Welches Schicksal St. Afra hat Sie am meisten bewegt?

Durstin: Gerade aus meiner Anfangszeit habe ich einzelne Bewohner bzw. Situationen noch gut in Erinnerung. Beispielsweise Frau G., zu der ich jeden Abend (ich war damals Dauernachtwache) nach meinem ersten Rundgang kommen musste. Vorbereitet war dann ein Aschenbecher für mich und ich sollte eine Zigarette rauchen. Sie rauchte selbst nicht, aber ihr verstorbener Mann hatte geraucht und sie mochte den Geruch. Man unterhielt sich über Erlebnisse aus ihrem Leben, aber auch Tagesaktuelles. Die Gespräche waren immer interessant und wenn die Arbeit die Gespräche unterbrach ging es am nächsten Abend genau da wieder weiter. Für mich waren das Einblicke in ein erfülltes, sehr bewusst gelebtes Leben.

Frau G., die bis dahin gut mobil war, brach sich damals bei einem Sturz den Oberschenkelhals. Sie wurde nach OP und Reha mit eigener Anstrengung wieder mobil. Leider folgte dann nochmal ein Sturz mit denselben Folgen und sie meinte – ohne jedes Selbstmitleid – dass sie eigentlich keine Lust mehr habe nochmal die gleiche Prozedur durchzumachen und es an der Zeit wäre zu sterben. Kurz darauf ist sie friedlich verstorben. Ich erinnere mich noch, dass mein erstes Gefühl damals nicht Trauer war, sondern so etwas wie Bewunderung. Vielleicht ist mir das so in Erinnerung geblieben, weil ich das Sterben bei vielen anderen oft als qualvoll erlebt habe.

Insgesamt ist heute leider durch die gestiegenen pflegerischen Anforderungen und dem Druck durch rechtliche Vorschriften (MDK & Co) immer weniger Raum für spontane zwischenmenschliche Begegnungen.

 

Newsletter-Redaktion: Haben Sie eine persönliche Vision?

Durstin: Persönlich freue ich mich dieses Jahr in Rente zu gehen und uneingeschränkt für meine Enkelinnen da zu sein, die mich täglich drängen endlich mit dem Arbeiten aufzuhören.

 

Newsletter-Redaktion: Was wünschen Sie sich für das Seniorenheim St. Afra?

Durstin: Zum einen, dass es erhalten und konkurrenzfähig bleibt. Zum anderen, dass sich  Mitarbeiter und Bewohner heimisch fühlen und die Möglichkeit haben sich mit der Institution und ihrer Arbeit zu identifizieren.

Newsletter-Redaktion: Vielen Dank für das Interview und Ihr Engagment!

 

Albert Durstin kam 1982 als Zivildienstleistender in das Seniorenheim St. Afra. 1986 absolvierte er die Ausbildung zum Altenpfleger. Nach einem kurzen Ausflug zu einem Sozialarbeit Studium kehrte er zurück ins Seniorenheim St. Afra.

Newsletter Anmeldung

Skip to content