Am 28.04.2023 fand in der Handwerkskammer Schwaben eine Diskussionsveranstaltung mit dem Bayerischen Minister Klaus Holetschek für Gesundheit und Pflege statt. Wir nahmen dort als Einrichtung teil, um mit unserer Stimme darauf aufmerksam zu machen, was sie alle schon längst wissen: Die Pflege befindet sich in gewaltiger Schieflage. Was sagt die Politik dazu?
Diskussionsveranstaltung: Ich rede mit
Am 28.04.2023 gab es die Möglichkeit mit dem amtierenden Staatsminister Klaus Holetschek zu diskutieren. Das Thema? Pflege. In den Räumlichkeiten der Handwerkskammer stellte sich der Staatsminister für Gesundheit einem rund 60-köpfigen Publikum, bestehend aus Mitarbeitenden und Leitungen von Einrichtungen der stationären und ambulanten Altenhilfe. Zahlreich vertreten waren auch pflegende Angehörige und Eltern von pflegebedürftigen Kindern.
Jede teilnehmende Person hatte die Möglichkeit sich per Handzeichen mit dem persönlichen Anliegen zu melden – für alle Themen reichte die Zeit nicht. Es ging um Pflegenotstand. Fachkraftmangel. Arbeitskraftmangel. Zeitmangel. Geldmangel. Fehlende Unterstützung. Probleme, die die generalistische Ausbildung mit sich bringt. Es wurde zwischenzeitlich hochemotional, wenn die Eltern pflegebedürftiger Kinder von den Herausforderungen erzählten, denen sie tagtäglich begegnen. Die Anspannung im Saal war spürbar – das Thema Pflege erhitzt derzeit selbst ruhige Gemüter.
Wir als Einrichtung warfen das Thema der Zeitarbeitsfirmen ein. Wie kann es sein, dass Zeitarbeitsfirmen zu horrenden Preisen Personal verleihen können, wodurch Misswirtschaft in den Einrichtungen entsteht? Auch der Wunsch nach einem geregelten Dienstplan wurde laut, Work-Life-Balance, Freizeit soll endlich wirklich Freizeit sein.
Mit verschränkten Armen und skeptischen Blicken hörte das Publikum den Antworten des Ministers zu:
Eine schnelle Lösung, die gäbe es nicht. Vieles sei schiefgelaufen und eine Reformierung der Pflegeversicherung längst überfällig. Aber dazu, so meint Herr Holetschek, scheint es der Politik in unserem Land an Mut zu fehlen. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssten so attraktiv sein, dass das Personal gar nicht mehr zur Zeitarbeitsfirma möchte und natürlich sei der Plan, dass Leiharbeit wieder die Ausnahme und nicht mehr die Regel sei.
Aber wie?
Ein möglicher Lösungsansatz ist der Springerpool, der momentan in einigen Einrichtungen getestet wird. In Dänemark gibt es ein solches Konzept bereits. Dabei ist eine zusätzliche Stelle vorgesehen, die im Fall von Krankheit oder Urlaub Dienste abdeckt. Dafür soll es auch eine besondere Vergütung geben. So, die Idee des Ministers, könne man sich in Richtung der verbindlichen Dienstplangestaltung bewegen.
Ansonsten blieben die Aussagen eher unkonkret. Es müssten sich die Pflegekassen dringend bewegen, denn so, wie es ist, kann sich niemand mehr Pflege leisten. Mehr noch, so, wie es ist, kann Pflege irgendwann auch nicht mehr geleistet werden. Im Moment lande jede positive Veränderung für die Mitarbeitenden in der Pflege am Ende auf der Rechnung der Bewohnenden – ein Dilemma, aus unserer Sicht.
Herr Holetschek richtete auch einige mahnende Worte an unsere Gesellschaft. Die Menschen wünschen sich eine bessere Pflegesituation, gleichzeitig wird aber zunehmend Kontrolle der Pflege verlangt. Passiere ein Fehler, würde sofort nach Verantwortlichen gesucht und es falle unmittelbar die Frage danach, wie dieser Fehler passieren konnte. Der Satz, ‚Was nicht dokumentiert ist, hat auch nicht stattgefunden‘, ist uns allen bekannt. Und vor lauter Dokumentation, die schließlich überprüft wird, bleibt am Ende immer weniger Zeit für Pflege.
Es gab beständiges Kopfschütteln im Publikum, das sich nicht einmal gegen den Minister richtete, sondern die Ermüdung und Verzweiflung der Teilnehmenden ausdrückte.
Auch wir verließen die Veranstaltung mit gemischten Gefühlen. Wir wurden gehört, sicherlich, doch die Ohnmacht über die Zuspitzung des Pflegenotstandes, die bleibt.